2015/09/23

Eigene Meinung durch Bildung?


Jeder Mensch hat eine eigene Meinung (sollte eine haben)
und das ist auch gut so. Wohl sogar ziemlich wichtig.
Aber woher weiß ich, dass meine Meinung auch wirklich meine Meinung ist?
Was bedeutet das?

Der Duden sagt:
"Meinung, die
  • persönliche Ansicht, Überzeugung, Einstellung o.Ä., die jemand in Bezug auf jemanden, etwas hat (und die sein Urteil bestimmt)
  • im Bewusstsein der Allgemeinheit (vor)herrschende Auffassung hinsichtlich bestimmter(politischer) Sachverhalte
eigen
  • jemandem selbst gehörend; einer Sache zugehörend (oft nur verstärkend beim Possessivpronomen (mein, dein, ...) oder an dessen Stelle
  • einer Person, Sache zugehörend und für sie typisch, charakteristisch; (veraltend)sonderbar, eigenartig
  • (landschaftlich) fast übertrieben sorgfältig, genau; penibel"
 Also:
eigene Meinung = eigenes Urteil
Mir gehörende (typische, charakteristische, eigenartige) Ansichten + Überzeugungen + Einstellungen in Bezug auf ... die Welt ergeben/bestimmen mein Urteil?
(Das Wort eigenartig bekommt so eine ganz andere Bedeutung.)

Eigene Ansichten, Überzeugungen und Einstellungen sind wohl wichtig. Schließlich ergibt sich daraus mein Urteil. Meine Sichtweise auf alles, womit ich konfrontiert werde und somit mein Handeln. Mein Handeln ist dann das, was sich auf mein Leben und das der anderen auswirkt. Der Eindruck, den ich hinterlasse. Also irgendwie mein Fußabdruck im Sand.
Etwas (vorrübergehend?) bleibendes.

Das alles geht von mir aus.
Aber wie bekomme ich jetzt die Vorraussetzungen, um Spuren zu hinterlassen?
Anders: Wie bekommte ich die Zutaten, die ich brauche, um Spuren zu hinterlasse, die auch wirklich nach mir aussehen?
Nochmal anders: Wie bekomme ich die Zutaten, die ich brauche, um die Spuren zu hinterlassen, die ich auch wirklich hinterlassen will?
(Was für Spuren will ich denn hinterlassen?
Spuren, die nach mir aussehen? Spuren, die mich möglichst gut dastehen lassen?
Wie stehe ich denn gut da? Was ist gut? Kann man gut überhaupt definieren?
Die Antwort hätte wahrscheinlich irgendwie wieder mit der eigenen Meinung zu tun, die wir ja noch gar nicht gebildet haben. Wir suchen immer noch nach den Zutaten.
Brauche ich eine eigene Meinung, um die für mich "benutzerdefinierten" Zutaten zu finden?
Und kann ich das überhaupt beeinflussen, das Finden?)

Ansicht, Überzeugung, Einstellung?
Der Duden hilft uns hier nicht wirklich, Google auch nicht viel.

Laut Internet gibt es "The Fixiation of Belief" (Die Festlegung einer Überzeugung), einen Aufsatz des amerikanischen Philosophen Charles Sanders Peirce. Es geht um Pragmatismus/Pragmatizismus und die Pragmatische Maxime. Klingt kompliziert.
"Die Funktion dieser Maxime ist es, Klarheit über die Bedeutung eines Begriffs zu erlangen. Der Maxime liegt die Vorstellung zugrunde, dass das Denken und damit auch wissenschaftliche Theorien die Aufgabe haben, Überzeugungen und damit Handlungsgewohnheiten herzustellen. Diese Vorstellung hatte Peirce in dem Aufsatz “How To Make Our Ideas Clear” (1878) entwickelt. “Gedanken in Aktion haben das einzig mögliche Motiv, Gedanken wieder zur Ruhe zu bringen; und was sich nicht auf eine Überzeugung bezieht, ist nicht Teil des Gedankens selbst.”"
 Macht aber irgendwie Sinn. Wie passt das in unseren Kontext?

Eine Überzeugung entsteht, wenn man sich solange Gedanken um beispielsweise eine Frage macht, bis man selbst eine zufriedenstellende Antwort gefunden hat.

Auch ganz interessant:
"Ein neugeborenes Kind hat keinen Glauben, sein Verhalten ist rein instinktiv, es geht nur um Selbsterhaltung. Der sich entwickelnde Verstand beginnt jedoch sofort Neues zu lernen. Viele Eindrücke werden gespeichert und im Laufe der Zeit sortiert, zugeordnet, verglichen, bewertet und so verarbeitet.
Kinder beobachten ihre Umwelt und am Anfang besonders ihre Eltern und Geschwister. Sie sind Vorbild, was sie tun wird nachgemacht. Die Muster von Reiz und Reaktion werden ausprobiert, erfolgreiches Verhalten wird beibehalten. "Wenn ich brülle, bekomme ich etwas zu essen, wenn ich dann weiterbrülle, auch eine neue Windel."

Später erfährt das Kind, dass das zunächst erfolgreiche Brüllen irgendwann unerwünscht ist. Es lernt Lob und Kritik kennen. Das Verhaltensrepertoire wird überprüft und verfeinert, entsprechend den Anforderungen des Umfeldes.

So entwickeln sich aus den ersten Erfahrungen die ersten Glaubenssätze, abgeschaut vom Umfeld und für "wahr" gehalten, bis später neue Erkenntnisse dazu führen, dass sie in Frage gestellt werden. Zunächst lebt es sich jedoch gut mit den "gelernten" Wahrheiten.

Ich treffe eine Annahme, die ich später, wenn ich älter bin, wieder aufgreife, und versuche herauszufinden, ob sie wahr ist. Ich tue dies natürlich nicht wissenschaftlich objektiv, sondern werde durch meine Gefühle dabei beeinflusst. Wenn mir diese Annahme nicht gefällt, versuche ich, Beweise zu finden, um sie zu verneinen. Ich ändere meinen Fokus. Meine Wahrnehmung wird gefiltert. Ich blende Unerwünschtes aus und sehe nur noch das Erwünschte. Ich finde so immer mehr Beweise gegen meine erste Annahme. Es entwickelt sich eine Überzeugung.... "
Weiterlesen? Quelle: http://www.seele-verstehen.de/grundlagen/glaube/

Mein Veruch, mir selbst das Ganze zu erklären, sah, bevor ich all das gelesen habe, in etwa so aus:

Die eigene Meinung ist wie ein kleines, imaginäres Manifest, mit dem wir durch die Welt laufen und alles beurteilen.
Die eigene Meinung ist durch viele Dinge geprägt (z.B. Erziehung, Erfahrung).
Manchmal müssen wir aufpassen, dass wir uns unsere Meinung nicht bilden lassen.
Man erzählt uns Dinge, wir glauben sie und bilden uns unsere eigene (?) Meinung.
Ist die Meinung denn so "eigen", wenn wir das, was man uns vorbuchstabiert einfach kopieren und abspeichern? Und wenn das Erzählte Quatsch ist?
"Wir müssen unseren Quellen vertrauen."
Was, wenn uns eine vertrauliche Quelle etwas falsches erzählt?

In wie weit glaube ich jetzt dem Gelesenen? (Kommt wohl auf die Quellen drauf an.)
Und in wie weit glaube ich mir?



Vielleicht darf man vieles nicht hinterfragen.
Vielleicht hinterfragt man zu viel.
Vielleich ist es besser, nicht zu hinterfragen.

Aber kann man sich dann eine eigene Meinung bilden?
Muss man sich bei der Meinungsbildung an feste Regeln, wie zum Beispiel moralische Grundsätze halten? Gibt es die? Definiert nicht jeder Moral anders?

Sollte man versuchen, Fragen dieser Art durch Recherche und Nachlesen zu klären?
Oder anhand des eigenen Wissens? Was macht mehr Sinn?
Was bringt einen weiter?
Belegte Fakten, festes Wissen, bestimmte Informationen?
Oder der eigene Kopf, eigene Ideen, die Blüten des Unkrauts im verwilderten Gestrüpp zwischen unseren Hirnzellen oder vielleicht sogar das eigene Herz und das Bauchgefühl?

Können nicht nur so neue Weltbilder entstehen?
Nur so können neue Funken gefunden werden, die vielleicht der Zündstoff für unsere Rakete in die Zukunft sind.
"Diese Funken sind wertvoll. Pass auf, dass er nicht erlischt und lass niemanden ihn ersticken. Biete deinen Liebsten einen Platz in deiner Rakete an, aber sollten sie nicht spontan genug sein, flieg alleine. Wenn du zu lange wartest, ist es vielleicht zu spät."

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