2016/01/13

"Zeichensprache"

Tobias Gralke - Zeichensprache

"Das Reden ist nie weit vom Schweigen entfernt,
wenn wir nur zuhören und begreife lernen."


- Meisterwerk -

👉LYRICS:
" Versfragmente in die Sphäre schreiben
Mit offenen Augen im Menschenmeer treiben
Gedankengänge geisternd im Raum durchschreiten
Fernabliegende Zeiten im Traum bereisen
Im Kielwasser der eigenen Langsamkeit gleiten
In Schneepflug, Schwimmzug, Schaumschlägerschneisen
Durch eine Welt, die stets zum Lautesten neigt
Wie schön man ruht, wie schön man schweigt
- 1 -
Blaugraues Flimmern das den Blick schlicht verwehrt
Das sich aufbaut und immer den Weg durchs Dickicht versperrt
Zu aufjaulend wimmernd im täglichen Blitzlichtverkehr
Aus tausenden Mündern klingt rauschend verzerrt
Das Geschrei der großen Stadt
In phrasen-geschwängerter, rasend gedrängter
Gleichwohl gleichgütig gewohnter Geschwindigkeit
Kein Klang, der sich verbindlich zeigt
Ein Pfeifen nur, das blind links steigt
In Tritonus, Tinnitus zum Trommelfellschaden
Dann wieder Niedergang in Wortkaskaden
Fallen durch und prallen auf in Schall und Rauch
Und alles auf Anfang
Wieder noch einmal wie jeden Tag
Der Wahnsinn grüßt winkend vom Bürgersteig
Und wenn er hinkend an der Tür erscheint, lässt man ihn ein
So komm herein, du sollst nicht sein
Inmitten von all dem Hetzen, dem Klagen
Dem Nachhall von einzelnen Sätzen, die sagen:
Ich bin mehr, als was ich scheine
Sage mehr, als was ich meine
Also du - und du, wieso hörst du nicht zu?
Und dann zwischen zwei Blicken seh ich mich verwundert um
Rundherum nur Schattengetier
Matz geziertes Weltvokabular
So schemenhaft wie Dimensionsverweis
Wer verstünde, was es wirklich heißt, die Welt nicht mehr zu verstehen?
Zwar die Hülsen der Wörter, doch auch das Nichts darin zu sehen
Denn wir tragen sie in uns, Universen im Kleinen
Die sich zum kollektiven Sein vereinen im Sprechen
Und es reißt mich ins Bodenlose
Durchgereicht durch jeglichen Sinn
Wenn ich euch nicht mehr erklären kann, wer ich sein will, wer ich bin
Wer bin ich?
Fragt sich inmitten des Lärmes ein Kind
Wenn ich doch sprechen will, doch nicht die Worte find'
Die mich in sich tragen und erzählen von mir
Und wenn ihr nicht zuhört, dann bin ich nicht hier
So rennt es nach draußen, vor der Welt zu fliehen
Kornkreise kryptisch in ein Feld zu ziehen
Auf das sie irgendjemand sieht, vielleicht
Ja, sicher, es versteht sich selbst ganz gut soweit
Aber was hilft es, wenn es für den Rest bloß schweigt? 
- 2 -
Du und ich - wir verstehen uns ganz gut soweit
Wortkarg und vielsilbig im gleichen Maße
Wir vergaßen die Wörter, wir vergaßen die Zeit
Und der ganze Rest ist Zeichensprache
Wenn du noch sagst, das Alles sei zu ungewiss
Und dass dir nichts an uns mehr wahr erscheint
Dann mit dem nächsten Schritt schon näher trittst
Dann kann ich sehen, was du wirklich meinst
In deine Worten Zustimmung, in deinen Augen 'Wofür?'
Dein Satz in meinen Armen, mein Fuß in der Tür
Ein zaghaftes Lächeln, das alles erklärt
Die tausend Geschichten, die man beim Zusehen erfährt
Ja, wir verstehen uns
Mir gibst du Halt und ihm gibst du Sinn
Dem, der ich sein will, dem, der ich bin
Wer bin ich?
Fragt sich der Pantomime starr vor seinem Ebenbild
Was weiß ich denn, wofür es noch zu leben gilt
Wenn ihr mich alle nicht versteht
Ich male meine Worte mit Gedankengemälde, Zauberhand
Mit Herz und Verstand
Das Schweigen ist nie weit vom Sprechen entfernt
Und ein einzelner Handstreich kann die Welt erklären
Wenn ihr nur zuhört
Doch ihr lasst mich stattdessen Versfragmente in die Leere schreiben
Mit offenen Wunden in Salzwasser treiben
Ja, sicher, er versteht sich selbst ganz gut soweit
Aber was hilft es, wenn er für euch bloß schweigt?
- 3 -
Wenn die Wörter für mich ihren Sinn verlieren
Chaos und Lärm in der Stadtluft vibrieren
Gehe ich hinaus, lass das Tosen verklingen
Leg meinen Kopf in die Nacht und es flüstert in ihr
Da schläft ein Lied in allen Dingen, das zu uns spricht
Mal in Kornkreiskalligraphie und mal in Pantomimepoesie
Das Sprechen ist nie weit vom Schweigen entfernt
Wenn wir nur zuhören und begreifen lernen
In Schlaf versunken liegt die Welt, schlussendlich aller Kraft beraubt
Neigt nun mehr ihr müdes Haupt
Im Klang des Windes, im Gang eines Kindes schieb ich mich Heim
Vom Reden müde, das Klagen satt
Ich lausche still, als sie erwacht und höre zu, was sie zu sagen hat "


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